Senatsreise 2010 nach Lissabon (08.09.2010 bis 12.09.2010)
Es ist ein Elend: Je gelungener eine Reise, desto schneller vergeht die ihr zur Verfügung stehende Zeit. Andererseits: Die vielen guten Eindrücke und schönen, interessanten Erlebnisse, die den 24 Senatorinnen, Senatoren und Freunden der Senatsreise 2010 nach Lissabon in Erinnerung bleiben, entziehen sich der Zeit. Sie bleiben präsent und fügen sich jenseits von Zeit zusammen wie Details der unterschiedlichsten Kaleidoskop-Bilder. – Welches Kaleidoskop?
Das Wetter war schlicht traumhaft! – Temperaturen um die 30° Celsius, wunderbar zu ertragen wegen des in Lissabon bereits gebändigt sanft wehenden Atlantik-Windes.
Die Reisegruppe: So zufällig sie auch zusammengesetzt war, die Zusammensetzung der Gruppe war quasi ideal: Freundschaftlich-sympathisches Miteinander, freundlich-rücksichtsvoll im Umgang, engagiert, interessiert, fröhlich bei der Sache und bestens bei Laune von der Begrüßung bis zum Abschied.
Die Organisation: Solide, unaufdringlich, umfangreich, störungsfrei und selbstverständlich ablaufend, zufriedenstellend.
Das Programm: Reichhaltig – nicht überladen, strukturiert abwechselungsvoll, informativ und interessant.
Das Hotel: Exquisit, dezent-edel; zentral gelegen unmittelbar neben dem Hauptbahnhof (der vornehmlich wegen seiner Jugendstil-Fassade auffällt) und dem Rossio, dem quirligsten Platz des heutigen Lissabons.
Die Verpflegung: Zufriedenstellend gut und ausreichend, Atlantik-Fisch in div. Variationen. – Um es uns besonders gut zu machen, hatte unsere Reiseleiterin uns an einem (Fado-) Abend „Fleisch“, nämlich Entenbrust, bestellt. (Sie konnte ja nicht wissen, dass die für uns abermals verwendeten Tiere bereits Vasco da Gama abgelehnt hatte, als er dabei war, den Seeweg nach Indien zu suchen.)
Unsere Reiseleiterin: Graca Santos Marcos, eine portugiesische Seele! Sie verfügt über ein weites, umfangreiches, detailliertes Wissen, an dem sie uns in griffiger, gefälliger, variabler Aufbereitung teilhaben ließ, belebend die Zusammenhänge und Bezüge zum historischen und aktuellen Alltag, in denen sie die Details zu sehen und darzustellen wusste. – Empfehlenswert!
Lissabon: Eine helle, lichte, milde Stadt mit bemerkenswert vielfältiger und ereignisreicher Vergangenheit. Wechselvoll der Wandel von Glanzzeiten und Zeiten des Niederganges, wirtschaftlich-kulturellen Hochzeiten und Perioden desaströsen Tiefs, architektonischen Hochrüstungen und natürlichen Katastrophen (Erdbeben), Aufstieg zur weltweit bedeutenden Kolonialmacht und Untergang bis in die Bedeutungslosigkeit. – Und so gut wie jede dieser historischen Phasen hat im lebendigen Lissabon sinnlich fassbare Spuren hinterlassen. Auch sie fügen sich wie die Details zusammen zu diesem famosen Lissabon-Kaleidoskop.
Der Ausflug über Sintra, der uralten Sommerresidenz der portugiesischen Könige, über Jahrhunderte immer wieder umgebaut und erweitert, ohne alten Bestand völlig zu vernichten, und Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt europäischen Festlandes, wo uns der noch ungestüme Atlantik-Sturm fast umgepustet hätte, nach Cascais, „dem“ Badeort der Lissaboner Bevölkerung, erstens wegen seiner vielen Strände, zweitens wegen des günstigen Klimas. Die kalten Nordwinde werden von Cascais (und Lissabon) durch die Berge der Serra de Sintra abgehalten. Und dass hier auch einmal Könige und andere Menschen der High Society ihre Sommerresidenz hatten (und haben), glaubt man dem Ambiente selbst nach kurzem Aufenthalt.
Die Ordensverleihung: Sichtbares Zeichen unseres Dankes ist der Bergisch Gladbacher Orden, den der Präsident des Senates, Ulrich Pütz, unserer Reiseleiterin übergab. Sichtlich stolz und ein wenig gerührt trug Graca diesen Orden.
Der Fado: Gewiss nicht jedermanns Sache! – Ein für Lissabon (und Portugal) typischer, schwermütiger Gesang, begleitet von zwei Gitarren, wovon eine die „Guitarra Portuguesa“ sein muss. Die Portugiesische Gitarre ist zwölf-saitig (doppelchörig) und erinnert „den Kölner“ spontan und zurecht an die „Flitsch“. Dieser Fado spiegelt die portugiesische Seele, ist ihr musikalisches Pendant und hinterlässt selbst nach den fröhlichsten Passagen Melancholie: Nichts für Suizidgefährdete! –
Es gibt in Lissabon viele Fado-Lokale, in denen der Fado zwischen den einzelnen Gängen des Abendessens von selbstverständlich schwarz gewandeten Künstlern dargeboten wird. - Aber: Entenbrust sollte man in Fado-Lokalen nicht bestellen! – Warum? S. o.!
Das Goldene Zeitalter. Jene relativ kurze Epoche, in der sich Portugal (Lissabon) zur Kolonialmetropole emporschwang (15. bis 16. Jh.) in Folge der Entdeckung der Seewege nach Indien und Ost-Asien durch Vasco da Gama (1497), westwärts nach Brasilien durch Pedro Alvares Cabral (1500). – Unter dem Kreuz der Kreuzritter entwickelte sich Portugal zur seefahrenden Kolonialmacht. Überlegene Schiffe (Karavelle), nautisch, kartographisch und logistisch exzellent vorbereitet und ausgerüstet, nicht zuletzt dank eines von Heinrich dem Seefahrer in Sagres gegründeten Wissenschaftszentrums, in dem alles, was damals auf den Gebieten der Geographie, Kartographie, Astronomie und Nautik, nicht zuletzt der Schiffsbaukunst existierte, zusammengetragen und aufbereitet wurde und zur Verfügung stand. Einmalig in Europa!
Das Jerónimokloster ist das architektonische Symbol dieser Epoche. Von Portugals König Manuel dem Ersten (1495 – 1521) initiiert und im „manuelinischnen Stil“ erbaut, bot die Klosterkapelle Vasco da Gama Ruhe und Abgeschiedenheit, sich betend auf seine Entdeckungsfahrt vorzubereiten.
Der Torre de Belém (Weltkulturerbe seit 1983) gehörte im 16. Jahrhundert zur Hafenbefestigung des Hafens von Restelo, dem damaligen Hafen von Lissabon. Heute steht der Turm an Land und ist nach wechselvoller Vergangenheit Museum. Damals aber Punkt für den endgültigen Abschied ins Ungewisse und die heimatliche Begrüßung nach Entbehrungen auf hoher See.
Erst 1960 hat Portugal seinen Seefahrern und Entdeckern ein Denkmal gesetzt: „Padrão dos Descobrimentos“. Den Reigen berühmter Menschen aus Portugals Historie auf dem stilisierten Schiffsbug führt Heinrich der Seefahrer an, in seinen Händen das Modell einer Karavelle. Kurios: Er selbst hat an keiner der vielen Kolonialfahrten teilgenommen.
Auch die jüngere Vergangenheit liefert sichtbare, symbolische Details zum Kaleidoskop: die beiden Tejo-Brücken (Ponte 25 de Abril, 1966 – ursprünglich: Ponte Salazar!) - und Ponte Vasco da Gama, 1998, sowie die überwiegend geradezu futuristische Gestaltung des Expo-Geländes 1998.
Zwischen solch architektonischen und historischen Highlights bietet Lissabon Verbindendes und Verbindliches, Hinterlassenschaften.
Die beiden zentralen Plätze, Praça do Commercio und Praça do Dom Pedro IV., Rossio, dessen wellenförmig gestaltetes Mosaik-Pflaster erst von der oberen Plattform des „Elevador do Carmo“ aus richtig zu Gesicht kommt, das „Castelo de São Jorge“, von wo man einen wunderbaren Blick auf Lissabon hat, insbesondere auf die „Baixa“, die Unterstadt, die 1755 durch das verheerende Erdbeben völlig zerstört und unmittelbar danach nach damals modernsten Gesichtspunkten (schachbrettförmige Anordnung der Straßen) wieder aufgebaut wurde, und der „Alfama“, Lissabons ältestem Viertel maurischen Ursprungs; Vom Erdbeben verschont, verfügt es bis heute über ein Labyrinth kleiner und kleinster Straßen, Gassen und Gässchen, durch die sich auch noch die Straßenbahn quält. –
Nicht architektonisch, nicht historisch, vielmehr geistig-kontemplativ die spätabendlichen Entspannungsübungen in großer Runde, gemütlich, heiter und ausgelassen auf der schönen, großen, belebten Terrasse unmittelbar neben dem Hauptbahnhof (auf der gegenüberliegenden Seite: unser Hotel! – Eine günstige Lage eben.)
Der Gesamtheit der erlebten Details ist hiermit bei Weitem nicht Genüge getan. Aber das hier zustanden gekommene Kaleidoskop-Bild mag zu erkennen geben, dass auch diese Reise eine solche gewesen ist, die wir alle in nachhaltig guter Erinnerung behalten werden und dem Senat der Großen Gladbacher gut getan hat. Ein Grund, fortzufahren.
wodife